Und dann sah ich sie ... diese Bilder im Netz. Männer stürmen und krabbeln halbnackt in Schottenröcken und anderen komischen Outfits Bergwälder rauf und runter, wühlen sich durch Lehmgruben, kämpfen sich durch Wasserläufe und das alles im März bei winterlichen Temperaturen … hat was dachte ich, einfach ein bisserl hardcore und verrückt.
Tough-Strong-Hard … Braveheart ...
Die BraveheartBattle ... ein Extrem- & Kultlauf und einer der härtesten Hindernisläufe in Deutschland … so stand es zumindest auf deren Homepage … macht einem also zum „Braveheart“ … vorausgesetzt man finished das Ding.
24 Kilometer … 1400 Höhenmeter und über 32 Hindernisse in fünf Stunden, das war die Ansage. Ich war sofort angefixt. Tom, der „Krieger“, wollte ein echter „Braveheart“ werden. Spontan war ich im März 2016 für die Battle im März 2017 angemeldet. Damals dachte ich noch ich würde bestimmt jemanden finden, der mit mir nach Bischofsheim an der Rhön in die Schlacht zieht … hatte ja noch ein Jahr Zeit für Überzeugungsarbeit. Es fand sich … richtig … keiner.
Der kleine Jo ...
Einen Wettkampf im Laufen bestritt ich das letzte Mal vor über 20 Jahren … „Tom, da musst du echt mal wieder das Laufen trainieren!“ meldete sich nach vollbrachter Anmeldung „Jo“, mein Gewissen.
„Na und, ich bin doch fit!“ Ok, ich gestehe, das Laufen habe ich seitdem schwer vernachlässigt … aber „Laufen war doch eigentlich schon immer einer meiner Stärken in meiner aktiven Zeit als „Triathlet“ … damals vor gut 20 Jahren!“ beruhigte ich den kleinen Jo in mir. „Wird schon … hab ja noch soo viel Zeit.“. Richtig … es kommt immer anders als man denkt.
Frühling-Sommer-Herbst …
Und es passierte lauftechnisch … richtig … nicht viel. Zu meiner Verteidigung muss ich anbringen, dass ich doch täglich mit meinen Huskys Malouk & Cora unterwegs war. Zugarbeit mit Schlitten, Roller, Bike und ab und zu auch nur zu Fuß. Auch schruppte ich doch in dieser Zeit einige Radlkilometer runter, gab ab Herbst wieder fleißig meine Indoor Cycling- und DeepWORK Kurse.
„Alles wird gut Jo … ich bin doch fit! … Also, gib Ruhe! … Jo, wir reißen jetzt noch unser Indoor Cycling Event „Without Limits 12/16“ am 17. Dezember runter und dann trainieren wir das Laufen … versprochen!“
Er kam, blieb und siegte …
Super! … Schnee im Dezember. Also Roller, Bike und die neuen Laufschuhe für die Battle erstmal weg und die Wölfe täglich an den Schlitten gespannt. Darauf warten die beiden schließlich sehnsüchtig jedes Jahr. Was soll ich sagen … richtig … wieder keine Zeit zum Laufen … meine Wölfe gehen immer vor.
„Das wird schon Jo! … Das Schlittenfahren ist ein super Kraftausdauertraining … außerdem weißt du doch, dass ich fit bin! … Wenn der Schnee weniger ist laufen wir … täglich … versprochen! … Also gib Ruhe!“
Richtig … der Schnee wurde 2017 im Januar & Februar natürlich nicht weniger sondern mehr, viel mehr. Meine neuen Laufschuhe für die Battle mussten kurzerhand durch Schneeschuhe ersetzt werden … wieder nix mit Laufen … aber geil war's schon durch kniehohen Schnee mit meinen Wölfen zu rocken.
Licht und Schatten am Horizont …
Richtig … der Schnee wurde Mitte Februar weniger und voller Tatendrang schnürte ich das erste Mal meine neuen Laufschuhe. Ich ging mit den Wölfen zum Laufen … endlich. Läuft … 12 km im Schnee laufen kein Problem … konditionell zumindest … nur meine Laufmuckis waren ein bisserl eingerostet. „Wird schon Jo, alles im grünen Bereich, die bekommen wir schon noch auf Vordermann!“ dachte ich zumindest. Es folgte eine Woche mit zwei erfolgreichen Läufen … und dann fing ich mir was ein … die Krankheitswelle klopfte an meine Tür und an Laufen war nicht zu denken. „So ein Mist … egal!" … Hauptsache an der Battle wollte ich wieder einigermaßen fit sein. „Dabeisein ist schließlich alles, Jo!“
Endlich ... durch die Hölle gehen …
Und nun war er da, der Tag der Battle. 2500 Braveheartanwärter standen im Hang am Arnsberglift in Bischofsheim und zelebrierten das Braveheart Gebet. Massenstart … und irgendwo mittendrin Tom, der „Krieger", mit Gänsehaut und die lügt bekanntlich nie. Rauf, runter und dann gleich mal durch die Schneekanonen … trocken kann schließlich jeder. Alles lief gut, verdammt gut, zu gut. Nur Jo ließ mir keine Ruhe. „Tom geh vom Gas, es sind 24 gnadenlose km und 1400 Höhenmeter, gespickt mit 32 Hindernissen! … Du bist langes Laufen nicht gewohnt! … Mach bitte langsam und der Jüngste bist du auch nicht mehr!“ … „Jo, du bist ein Arsch!“
Nicht richtig … ich hörte auf Jo und ließ es wirklich langsam angehen. Auch ,wenn das Adrenalin in meinem Körper was ganz anderes wollte. Nein … ich wollte vernünftig sein und meinen Körper einigermaßen heil und vor allem ins Ziel bekommen.
„Wickies Sterne“ sehen …
Alles lief wie geschmiert. Ich hörte auf Jo und lief zurückhaltend mit Schotten, Supermännern, Hulks und sonstigen „Superhelden“ gut gelaunt und gemeinsam im Teamspirit bergauf und bergab durch die Wälder. Und dann kamen sie, „Wickies Sterne“. Ich rutsche a bisserl zu schnell auf meinen Hosenboden die Killing Hills hinunter und knallte mit meinem Steißbein auf etwas Hartes. Erst der Schmerz, dann die Sterne gepaart mit Stockatmung … an Schreien war nicht mehr zu denken. Jo meldete sich natürlich sofort zu Wort. Ok, er beschimpfte mich auf eine Art und Weise, auf die ich jetzt nicht näher eingehen möchte. Die nächsten Meter verliefen lauftechnisch naturgemäß etwas unrund. Dann kam mir mein Freund das Adrenalin zu Hilfe und ließ mich erstmal mein Missgeschick vergessen. Danke nochmal Adrenalin, du warst und bist halt ein wahrer Freund.
Tom alleine Zuhause …
Gestärkt durch Freund Adrenalin ging es ... richtig ... weiter bergauf und bergab über den Blizzard Run, Snow Blind über das Roth Feuer zu den Lehmgruben am Rhöncamping Field. Einsauen war angesagt. Voller Tatendrang stürzte ich mich mit meinen Schlachtgefährten in die Lehmgruben. Den ersten Gefährten aus dem Loch hochgeschoben … weg war er. Ok, den zweiten Gefährten hochgeschoben … richtig … weg war er. „Hallo, ich will auch wieder raus!“ meldete sich Jo zu Wort. Der Dritte erbarmte sich meiner und gab mir die rettende Hand. „Danke, es lebe der Teamspirit!“. Den Anderen sei verziehen … im Grenzbereich arbeitet der Körper halt bei manchen Menschen nur im „Ich-Modus“ … menschlich.
Der „Flow“ ...
Kilometer 12 … alles war im Grünen Bereich. Dann setzte er ein … der „Flow“. Die Maschine lief und lief und lief. Keine Schmerzen und Jo gab auch Ruhe … Erinnerungen an frühere Wettkampfzeiten durchströmten meinen Körper ... ich war total im „Flow“. Jetzt konnte mich keiner mehr aufhalten ein echter „Braveheart“ zu werden. „Ice River ich komme!“ Und dann kam er der Ice River, die Götz Wall, die Kaiserhof Wall, der Wood Couting … die Hindernisse in Bischofsheim … da steppte der Bär. Richtig! ... mein Freund das Adrenalin lief echt zu Höchstform auf … die Kälte war zwar da, aber interessierte in diesem Hexenkessel wirklich keinen. Auch Jo nicht.
Schmerzen reinigen die Seele ...
Ok, der Hexenkessel Bischofsheim war Geschichte. Völlig durchnässt und total klamm kämpften meine Gefährten und ich uns wieder bergauf durch die Wälder zurück zu den Lehmgruben. Richtig … es kam was kommen musste.
Das Adrenalin nahm sich eine Auszeit und die Schmerzen übernahmen das Kommando im Körper. Ich spürte zeitweise meine Beine nicht mehr … dem Ice River sei Dank. Jo meldete sich natürlich auch zu Wort und konnte es nicht lassen mir Vorwürfe zu machen. „Ich habe es dir immer gesagt. Du bist zu wenig gelaufen, so jetzt darfst du büßen, selber schuld du alter Sack!“
„Wird schon wieder, haben ja noch ein paar Kilometer, die Maschine wird schon wieder warm werden!“ beruhigte ich Jo. Richtig … es wurde nix mehr anders. Jeder Schritt tat mir jetzt so richtig weh. Die Laufmuckis wollten einfach nicht mehr das machen, was mein Geist ihnen befahl. Der Geist war willig, das Fleisch war schwach. Der Kampf „Körper gegen Geist“ begann … jetzt aber richtig. Der Weg der inneren Einkehr und Buße war beschritten … .
Endlich „Braveheart“ …
Zusammen mit zwei „Grünen Kameraden“ kämpfte ich mich die letzten Berge rauf und runter Richtung BreaveHeardmedallie. „Geteiltes Leid ist halbes Leid“. Was heißen soll, den „zwei Grünis“ ging es auch nicht besser als meinereiner. Ich denke, das schweißte uns die letzten Kilometer bis ins Ziel zusammen.
Und da war es, das Braveheartzielbanner vor meinen Augen. Wir gaben uns die Hände, „meine Grünis“ und ich, und holten sie uns gemeinsam ab … die Medaille … das Ding, welches ich unbedingt haben wollte.
Jo meldete sich zu Wort. „Tom … Respekt … ich habe es immer gewusst, dass wir das Ding holen!“
Ich ließ Jo reden, holte mir meinen Müllmannponcho und mein Bier, setzte mich ans Feuer … und genoss alleine diesen wundervollen Augenblick des absoluten Glücks … unbeschreiblich. Der „Krieger“ war in diesem Augenblick ein echter „Braveheart“ geworden … Stolz durchströmte meinen Körper … vergessen waren die Schmerzen.
Die Nachwirkungen …
Ok, ich gestehe, dass ich doch a bisserl Probleme hatte den Bügelversschluss meines Bieres im Ziel mit meinen Händen zu öffnen. Auch muss ich zugeben, dass ich noch nie so lange gebraucht habe mich meiner nassen Sportklamotten zu entledigen und trockene und warme Kleidung dem Körper anzulegen. Und ich habe beobachtet, dass es den anderen „Bravehearts“ genauso erging … Teamspirit halt.
Weiter muss ich gestehen, dass meine Muckis doch noch geraume Zeit im Urlaubsmodus verweilen wollten. Mein Steißbein wird mich wohl noch ein paar Wochen daran erinnern, was es bedeutet ein echter „Braveheart“ zu sein. Und wer jetzt noch wissen will ob ich wieder … ?
Natürlich … der „Spirit“ der BraveheartBattle ist schon was ganz Besonderes und hat mich in seinen Bann gezogen … aber sowas von. Nur eines wünsche ich mir für die Battle 2018. Schnee, viel Schnee … dann könnten Jo und ich unsere „Husky -Trainingsqualitäten“ voll ausspielen.
Tough-Strong-Hard … BRAVEHEART
Peace Tom